Ausgangslage
Ein Kinderwagen und Kinderbuggy Hersteller steht vor folgenden Herausforderungen:
- Kinderwagen und Buggys werden immer mehr über Gebrauchtwarenportale verkauft
- Demografischer Wandel wie zum Beispiel Mobilität und zyklische Geburtenraten erschwert die Planbarkeit.
Sie suchen neue Ideen, damit ihre Kinderwagen den neuen individuelleren Bedürfnissen gerecht werden und dadurch die Kinderwagen auch länger genutzt werden können. Zusätzlich suchen sie neue Geschäftsmodelle, um weniger von den Zyklen abhängig zu sein.
Dafür engagieren sie einen Strategieberater, der ihnen aufzeigen kann, welche neuen Bedürfnisse im Kinderwagenmarkt vorhanden sind oder geweckt werden könnten. In einer nicht repräsentativen Feldstudie analysieren die Strategieberater das Verhalten und die Wünsche der Eltern.
Die Ergebnisse werden 4 Wochen später an einem zwei tägigen Workshop präsentiert. Als Einleitung zeigt der Strategieberater, welche Sorgen und Ängste bei Eltern vorherrschen und die Kaufentscheidungen beeinflussen. Dies insbesondere, da viele Eltern heute die Kinder überbehütet aufwachsen lassen. Zwei Tendenzen sind spürbar. Wir haben Helikoptereltern, die über die Kinder kreisen wie ein Helikopter, aus Angst, dass irgendetwas passieren könnte. Oder auch Curling-Eltern, die alle Hindernisse aus dem Weg räumen, damit das Kind „unbeschwert“ durchs Leben gehen kann. Als Ursachen wird angenommen, dass Eltern immer älter sind und dadurch auch mehr Gefahren kennen oder projizieren. Auch ist vielmals im Alter mehr Geld vorhanden, und die Eltern ermöglichen ihren Kindern das, was sie damals vermissten. Also so eine Art Kompensation.
Nach der Mittagspause werden die erwähnten Beobachtungen und Interviewresultate vorgestellt. Da die Eltern ihren Tagesablauf beschrieben haben, konnten Rückschlüsse über die eingesetzten Methoden und Hilfsmittel gezogen werden. So sind heutzutage im Kinderzimmer schon viele Gadgets im Einsatz. Viele Eltern wiegen das Kind über Stunden in den Schlaf. Teilweise setzen sie eine Tragtasche bzw. Kindersitz ein, der mit Hilfe eines Motors diese Aufgabe übernimmt. Was auch festgestellt werden konnte, ist, dass es vielmals auch um Prestige geht. Die Eltern wollen zwar erprobte Modelle, aber sich trotzdem von der Masse abheben.
Da die Forscher die Familien auch begleiteten, wurde bemerkt, dass nicht nur viele Kinderwagen, sondern auch viele Rollatoren unterwegs sind. In Eigenregie hat das Strategieberatungsunternehmen ein neues Geschäftsmodell entwickelt, das sie gerne vorstellen möchten. Sie meinten, gefällt ihnen der Ansatz nicht, müssen sie nichts bezahlen. Sie zeigten in der Präsentation ein Bild eines Buggys und ein Bild eines Rollators. Sie fragten die versammelte Geschäftsleitung, welche Gemeinsamkeiten haben diese beiden Produkte?
Zaghaft kamen Ideen wie, haben beide Räder und werden gestossen. Der Strategieberater nickt und zeigte dann seine zusätzlichen Errungenschaften. Seine Frage „Wer kauft in den meisten Fällen einen Kinderwagen und auch einen Rollator? Es ist meist die gleiche Person, die diese beiden Objekte aussucht und auch bezahlt“. Alle Anwesenden schauen sich gegenseitig an, aber niemand weiss, auf was der Berater hinauswill. „Der Mann kauft vielmals den Kinderwagen und auch den Rollator für die Eltern. Auch kauft er meist die Gadgets, wie automatische Wiege etc.“
Die Forscher fanden in der Feldstudie heraus, dass viele Rollatoren zu fix und starr sind. Viele Betagte wünschen sich einen Rollator, den sie einfach zusammenfalten und im Auto oder in der Kantine verstauen können.
Da gibt es doch Synergien: „Wieso kann die Buggy-Konstruktion nicht auch in einem Rollator eingesetzt werden?“
Der nächste Agenda Punkt zeigt, dass es immer neuere Firmen gibt, die mit innovativen Gadgets auf den Markt kommen und Teile unserer analogen Produkten verdrängen. Darunter eine Firma, die Tragetaschen vertreiben, die das Kind in den Schlaf wiegeln. Oder Firmen, die Kommunikationslösungen oder Schlaf-Duvets für Kleinkinder anbieten oder Schlafphasen etc. tracken.
Am nächsten Tag wird dann die Strategie erarbeitet. Dafür werden am Vorabend Gruppen gebildet, die am nächsten Tag eine neue Idee vorstellen sollen. Diese Ideen sollen in einer gespielten Alltagssituation vorgestellt werden. Dafür sollen in einem nächsten Schritt auch Userstories erstellt werden, die die Situation und Anforderungen beschreiben sollen. Die Regeln: Es gibt keine Grenzen und nichts ist albern oder unmöglich!
Die Ideen werden auch gleich als sehr interessant befunden und als Ziele wie folgt definiert:
- Sie entwickeln eine Gelmatratze, bei der das Gel in Wellenbewegungen versetzt werden kann um das Kind mit unterschiedlichen Programmen beruhigen zu können. Diese Matte ist im Sommer kühlend und kann auch geheizt werden.
- Oder eine Kinderwiege/Sitz, welche mit Motoren in verschiedene Positionen gestellt werden kann. Dadurch wird nur noch ein Kinderwagen für alle Situationen nötig sein. So kann jede Position programmiert werden. Stufe eins stellt eine ganz waagerechte Liege her. Bei Stufe zwei wird eine senkrechte Sitzform eingestellt. Das alles in nur fünf Sekunden. So kann dann der Rückenteil usw. verstellt werden. Alles mit einer Grundkonstruktion, nur durch Motoren einstellbar. Der Griff kann wie bis anhin nach unten geklappt werden. Eine Stoffabdeckung kann unterhalb des Korbes automatisch ab- und aufgerollt werden, damit die Räder etc. verdeckt werden, damit der Wagen auch als Kinderbett eingesetzt werden könnte.
- Eine Gruppe zeigt eine Skizze einer Baugruppe, die als Kinderbuggy- und als Rollator-Grundkonstruktion dient. Angeschlossen können verschiedene Gadgets, wie z.B. Touchpad- Schwanenhals um z.B. auf dem Rollator zu sitzen und das Gadget zu bedienen ohne das Touchpad halten zu müssen. Oder Kamera, Mikrophone und Lautsprecherhalterung um z.B. ein selbstgesungenes Kinderlied abspielen zu können oder auch die Bewegungen und Haltung überwachen zu können. Alles kann über das Mobile Phone gesteuert werden. So kann das aufgenommene Lied auf die Lautsprecher gestreamt werden und erhält anhand der Mimik Steuerung und Atemimpulse des Kindes Meldungen, falls Unregelmässigkeiten etc. erkannt werden. Die Feder-Dämpfeigenschaft des Kinderwagens soll ebenfalls am Mobilen Device verstellt werden können. Optional können die Räder mit Hilfe von Motoren angetrieben werden. Der Rollator kann mit einem Notknopf ausgestattet werden, auf welchem drei hinterlegte Mobile-Nummern kontaktiert werden, sobald der Knopf gedrückt wird. Auch wird ein Beschleunigungssensor eingebaut und wenn dieser aktiviert wird, kann ebenfalls eine Person per Push Nachricht kontaktiert werden. Diese Person kann dann über das Mobile Phone über die Lautsprecher und über das Mikrofon mit dem Betagten sprechen, um sicher zu gehen, dass nichts Ernsthaftes geschehen ist. Für z.B. Demenzpatienten können auch die GPS Daten geortet werden. Alles ist miteinander vernetzt. Strom leitende Elemente sollen vor EMV (Elektrosmog) oder Brand isoliert/geschützt werden, damit nichts passieren kann. Mit einem Stecker kann alles im Auto oder auch zum Beispiel Zuhause geladen werden. Auch besteht die Möglichkeit, dünnschichtige Solar-Panels z.B. in die Seitenelemente des Wagens oder an den verstellbaren Sonnenblenden einzusetzen.
- Eine weitere Gruppe zeigt, dass individuelle Gestaltungselemente des Kinderwagens als Zusatzverkäufe dienlich sein könnten. So könnten smarte Textilien eingesetzt werden, die mit Hilfe einer App selber gestaltet werden können. So können Motive von einer Datenbank heruntergeladen werden und der Sonnenschirm, die Seitenteile etc. können so mit diesem Motiv angesteuert werden. Das Motiv kann jederzeit geändert werden. An einer Sportveranstaltung kann z.B. das Logo des Sportvereines aufgeschaltet werden. Ein florales Muster, Motorrad-Logo… alles ist möglich. Auch können z.B. unter dem Kinderwagen LED Beleuchtungen angebracht werden. Dies gäbe ähnliche Effekte wie die der Fahrzeuge des Films „The Fast and the Furious“. Und Individualität ist immer wichtiger und man will sich ja abheben.
Projektvorgehen
Alle Beteiligten waren nach dem zweiten Tag sehr zufrieden. Sie setzten sich nun zum Ziel, alle diese Ideen bis Ende Jahr zur Serienreife weiterentwickeln zu können. Die smarten Technologien sollten, wenn möglich eingekauft und nicht selber entwickelt werden, um nicht Zeit zu verlieren und von der Konkurrenz überrollt zu werden. So sollen in den nächsten sechs Monaten erste Prototypen erstellt werden, um die Machbarkeit auch beweisen zu können. Die Prototypen sollen funktionstüchtig sein, sodass aufgezeigt werden kann, wie die verschiedenen Akkugrössen etc. ausgetauscht werden können und welche Kosten anfallen bzw. wo die Gewinnschwelle liegt.
Als die Produktionskosten mehr oder weniger bekannt waren, wurde vom Marketing anhand den Einkaufspreisen, den Vertriebskosten etc. die Verkaufskosten errechnet. Dafür wurden die gleichen Studienteilnehmer nochmals gefragt, ob sie bereit wären, für diesen oben beschriebenen Kinderwagen rund Euro 1’400.— bis Euro 1’600.– zu bezahlen. Die Kunden waren von den Ideen begeistert und meinten, wir würden sogar unseren jetzigen Wagen verkaufen, wenn wir dieses tolle Ding kaufen könnten.
Die Produkte wurden alle zur Serienreife weiterentwickelt und vertrieben. Die Kunden die an der Studie teilgenommen haben, bekommen die erste Serie des Kinderwagens kostenlos. Dafür mussten sie täglich in verschiedenen Elternblogs, einmal in der Woche über die positiven Erfahrungen berichten.
Die Rollatoren wurden über verschiedene Elektrofachmärkte für Euro 299.– vertrieben.
Erfolgskontrolle und Lessons learned
Der CEO meinte: „Wir haben im zweiten Jahr Europaweit rund 1’200 Kinderwagen und rund 3’000 Rollatoren verkauft. Der Berater hatte recht und vermutlich war auch er überrascht, dass unser „Nebenprodukt“ so einschlägt. Das ist wirklich sehr positiv. Momentan haben wir jedoch sehr viel Kunden, die gerne animierte Grafiken wie z.B. Laufschriften etc. auf den Kinderwagen abspielen möchten, dadurch minimiert sich jedoch die Akkulaufzeit enorm. Wir arbeiten dran und können durch Softwareupdates hier noch Optimierungen vornehmen.“
Die Moral an der Geschicht, dieses Projekt gibt es so nicht.
Es soll aufzeigen, wie einfach es ist und helfen, auf diesem Case Ideen zu finden, anstelle uns zu winden.
Es gibt sicherlich Firmen die kommen und gehen, das konnten viele sehen.
Aber warte nicht ab, denn eines Tages wird vermutlich ein Schnellerer, Günstigerer kommen und alles ist zerronnen.
Sei daher auf der Hut und denke voraus, wie ein Pfau und nicht wie der Vogel Strauss.
Tesla, Google, Uber, BitCoin etc. zeigen, wie schnell wir die Köpfe neigen.
Passieren kann es jederzeit, daher sei für die digitale Zukunft bereit.